Global Belly

Theaterperformance über transnationale Leihmutterschaft

Der unerfüllte Kinderwunsch treibt Paare aus Deutschland und der Schweiz ins Ausland. In Indien, den USA und der Ukraine beauftragen sie Leihmütter, ein Kind für sie auszutragen. Die Wunscheltern umgehen dabei rechtliche Grenzen und betreten moralisches Neuland. Flinn Works hat in allen fünf Ländern recherchiert, um der transnationalen Leihmutterschaft auf den Grund zu gehen: Ist sie ein Segen der Medizin oder Kolonialisierung der Körper? Ist das Austragen eines fremden Kindes Arbeit oder Nächstenliebe? Wie hoch wird diese „Liebesarbeit“ bezahlt? Seit Leihmutterschaft in Ländern wie Indien und Thailand verboten ist werden Eizellen, Embryonen und Leihmütter durch die ganze Welt geflogen. Denn wo medizinische Möglichkeiten auf den Kinderwunsch unfruchtbarer oder schwuler Paare treffen, finden Kinder einen Weg in die Welt. Sie existieren und brauchen jetzt einen Pass. Aber welchen? Der boomende Wirtschaftszweig wird in seiner ethischen Komplexität und emotionalen Polarisierung, seinen rechtlichen Grauzonen und medizinischen Realitäten auf die Bühne gebracht. In einem multiperspektivischen Parcours treffen windige Agenturchefinnen auf zufriedene Leihmütter und streitendende Feminist*innen auf liebevolle Wunschväter. Global Belly portraitiert Menschen im Leihmutterschafts-Geschäft zwischen grenzenloser Sehnsucht, fein justierter Intimität, heißen Debatten und der kühlen Logik des Marktes.

Ausgezeichnet mit dem Publikumspreis der Hessischen Theatertage 2019.

Eine Produktion von Flinn Works

Ein Projekt von Anne Hoffmann, Matthias Renger, Sonata, Lea Whitcher (Performance), Team Global Belly & Lisa Stepf (Text und Recherche), Sophia Stepf (Regie), Dr. Anika König (Beratung), Philine Rinnert (Bühnen- und Kostümbild), Jörg-Martin Wagner (Musik), Crystal Travis (Video Performance), Elisabeth Lindig (Regieassistenz), Alice Harrison (Produktionsassistenz), Cornelia Dörr (Übernahme Performance), ehrliche arbeit – freies Kulturbüro (Produktionsleitung)

Gefördert durch Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa, Fonds Darstellende Künste, Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Kulturamt der Stadt Kassel, Gerhard-Fieseler-Stiftung und Goethe-Institut Mumbai. Das Gastspiel bei CREA Amsterdam wurde unterstützt vom Goethe-Institut Niederlande.

In Kooperation mit Sophiensæle Berlin und Theater Tuchlaube Aarau

Termine

Sophiensæle Berlin: 12. (Premiere) - 15. Oktober 2017 / Dock 4 Kassel: 25. - 28. Oktober / Theater Tuchlaube Aarau: 1. - 4. November 2017 / CREA Amsterdam: 7. Dezember 2017 / Performing Arts Festival Berlin @ Sophiensæle Berlin: 6 & 8. Juni 2018 / Impulse Theaterfestival: 15. - 17. Juni 2018 / IETM Meeting München: 1. November 2018 / LICHTHOF Theater Hamburg: 11. & 12. Oktober 2019

Presse

So geht es in Global Belly von Flinn Works um den „Gap“ zwischen vermögenden weißen Europäern mit Kinderwunsch und der Armut gebärfähiger Inderinnen oder Ukrainerinnen. Doch weil die Gruppe um die Schwestern Sophia und Lisa Stepf schlau ist, führen Cornelia Dörr, Matthias Renger, Lea Whitcher und eine indischstämmige Performerin namens Sonata ihre Besucher durch eine Installation, wo sie selbst in die Rollen von Freunden eines schwulen Paares schlüpfen, als Leihmütter von der geschäftigen Wertschätzung einer Betreuerin überschüttet werden oder als Eltern in spe den seelischen Eruptionen einer auf illegale Adoptionen spezialisierten Anwältin lauschen. Global Belly erspart einem kein noch so unangenehmes Detail dieses Geschäftes mit Sehnsüchten und baut doch wohlfeiler Empörung vor. Man fühlt und denkt mit und kann bis zum Schluss nicht entscheiden, wo die Grenze zwischen weiblicher Selbstbestimmung und Versklavung des fremden oder eigenen Körpers verläuft. Toll!

Süddeutsche Zeitung

Irgendwie können die Widersprüche nebeneinander existieren, ebenso wie man sich als Zuschauer umstandslos von einer Leihmutter in einen schwulen Vater verwandelt (...) Flinn Works haben mit Global Belly eine aufsehenerregende, kluge und komplexe Arbeit kreiert, die nicht nur ein Thema behandelt, das emotional und existentiell aufgeladen ist wie kaum ein anderes – und deshalb fürs Theater wie gemacht scheint. Aber sie verweist eben auch noch in viel größere Zusammenhänge: Subtil wird am Beispiel des Kinderwunsch-Business die Privilegien-Verteilung der Welt ebenso beleuchtet, wie die rasante gesellschaftliche Verschiebung ethischer Grenzen.

theater heute, 08/18

Bestürmend ist auch das Stück Global Belly, das die Gruppe Flinn Works in den Sophiensælen zeigt. Sie beleuchtet das Phänomen der Leihmutterschaft in Form eines Performance-Parcours, in aller Widersprüchlichkeit und auf der Basis einer hervorragenden Recherche.

Tagesspiegel

Über die transnationale Leihmutterschaft hat Flinn Works in fünf Ländern recherchiert und diese Sorgfalt merkt man der Produktion an. Sie hat Tiefe, weil sie verschiedenste Perspektiven und Argumente gegeneinander antreten lässt. Trotzdem wedelt die Performance dabei nie mit dem erhobenen Zeigefinger. Im Gegenteil: sie ist spielerisch und unterhaltsam, es gibt auch einiges zu lachen. Global Belly ist ein kurzweiliger, erhellender Abend, der viele Fragen stellt nach Moral, Ethik, Selbstbestimmung und einer neuen Form der Kolonialisierung.

RBB Radio Kultur

Global Belly konfrontiert die Besucher_innen nicht nur mit feministischen Debatten zwischen Liberalismus und Materialismus. Es stellt auch den Begriff der Mutterschaft in Vergangenheit und Zukunft zur Disposition. Übrig bleiben offene Fragen: Ist (Leih-)Mutterschaft Arbeit oder Nächstenliebe? Und wie fügt sich transnationale Leihmutterschaft in ein postkoloniales Wirtschaftssystem ein?'

taz, die tageszeitung

Die Theaterperformance zeigt auf beeindruckende und innovative Weise das Spannungsfeld, indem sich alle Beteiligten, von kinderlosen Paaren über Leihmütter und Ärzte bis hin zu den Vermittlern befinden. Besondere Intensität und emotionale Glaubwürdigkeit. Ein fesselndes Stück, das in unterhaltsamer Leichtigkeit ein politisches Thema zur Diskussion bringt.

Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA)
 

Flinn Work's neuestes Werk Global Belly hinterfragt die Legalität der Leihmutterschaft, die Komplexität des Geschäfts, den Schmerz der Kinderlosigkeit und die Nutzung des Körpers der Frau in dieser kapitalistischen Welt. Aber es wird nie versucht, eine Antwort zu geben. Stattdessen ist die Interaktion mit dem Publikum fast wie eine Therapie, bei der man die Antworten sucht und findet, auch auf seine tiefsten Wünsche, auf seine eigenen verborgenen Fragen.

Deutsche Welle, Bengali Blog

Stimmen von Expertinnen

"Ich war zutiefst beeindruckt davon, wie Sie es geschafft haben, eine Reihe von Ansichten, Ideen und Positionen zu diesem Thema auf eine nicht bedrohliche, interaktive Weise darzustellen. Das Stück führt uns „hinter die Kulissen“ und setzt sich auf nuancierte Weise mit dem Thema Leihmutterschaft auseinander, indem es die komplexen Zusammenhänge, Bedürfnisse, Wünsche und Realitäten der internationalen Leihmutterschaft aufzeigt. Bravo!"
Prof. Andrea Whittacker, Anthropologin, Monash University Melbourne

"Global Belly zu sehen und daran beteiligt zu sein, war für mich eine einzigartige Erfahrung. Die Aufführung berührte viele Themen, die wir – Sozialwissenschaftler – während unseres Leihmutterschafts-Workshops in Amsterdam diskutiert haben. Sie tat dies auf eine rücksichtsvolle Art und Weise, indem sie die Perspektiven der verschiedenen beteiligten Personen ansprach. Normalerweise mag ich interaktives Theater nicht, aber bei Global Belly hat mir die subtile Art und Weise, wie die Interaktion mit dem Publikum gefördert wurde, sehr gut gefallen. Tolle Schauspieler!"
Dr. Trudie Gerrits, Anthropologin, University of Amsterdam

"Global Belly ist ein Theatererlebnis, das zum Nachdenken anregt. Als Soziologin, die sich in den letzten zehn Jahren mit Leihmutterschaft beschäftigt hat, schätze ich die Art und Weise, wie die Show die Komplexität der Akteure und Situationen darstellt, die an diesen sozialen und medizinischen Arrangements beteiligt sind."
Prof. Heather Jacobson, Autorin von “Labor of Love: Gestational Surrogacy and the Work of Making Babies”