Maji Maji Flava

Das deutsch-tansanische Projekt nimmt den Maji Maji Krieg (1905-07) als Ausgangspunkt, einen der größten Kolonialkriege in der Geschichte Afrikas. Verschiedene Bevölkerungsgruppen im damaligen Deutsch-Ostafrika kämpften gegen die deutsche Gewaltherrschaft, vereint im Glauben an die Kraft des „Maji“ (Wasser). Die Prophezeiung des Maji Maji Kults lautete, die deutschen Gewehrkugeln würden sich in Wasser verwandeln. Im heutigen Tansania kennt jedes Schulkind diese Geschichte. Der Maji Maji Krieg wird dort als Meilenstein auf dem Weg zur Unabhängigkeit gefeiert, in Deutschland ist er kaum bekannt. Welche Parallelen gibt es heute zu diesem Krieg, der gleichzeitig Mythos, Legende, Tabu und historisches Ereignis ist?

Maji Maji Flava handelt von der Magie des Wassers und unverständlichen Verträgen, von musikalischen Kommunikations-Codes, Rassismus und Entwicklungshilfe und nicht zuletzt davon, wie man Kriege im Nachhinein glorifizieren oder unter den Teppich kehren kann. Die Performer*innen bilden eine Band: aus treibenden tansanischen Rhythmen und Liedern der kaiserlichen Schutztruppe entsteht eine musikalische Theater- und Tanzperformance. Deutsch changiert dabei mit Kisuaheli und Englisch, traditionelle Tänze treffen auf geopolitische Satire und Performance-Theater mischt sich mit dem neuesten Sound von Bongo Flava.

Eine Flinn Works Produktion in Koproduktion mit Asedeva

Von und mit Isack Peter Abeneko (Choreografie und Performance), Jan S. Beyer (Musikalische Leitung und Performance), Sabrina Ceesay (Performance), Julia Gechter (Regieassistenz und Dokumentarfilm), Konradin Kunze (Künstlerische Leitung und Performance), Shabani Mugado (Musik und Performance), Brigitte Schima (Bühne und Kostüm), Lisa Stepf (Künstlerische Leitung und Performance), Sophia Stepf (Künstlerische Leitung), ehrliche arbeit – freies kulturbüro und Helena Tsiflidis (Produktionsleitung)

Gefördert von Goethe-Institut Tansania, Kulturamt der Stadt Kassel, Vijana Vipaji Foundation
Gefördert im Fonds TURN der Kulturstiftung des Bundes

In Kooperation mit Staatstheater Kassel

Termine

Staatstheater Kassel: 30. September 2016 (Premiere) und 2., 6., 7., 18., 19., 21., 22. Oktober 2016 / Sophiensæle Berlin: 13. - 15. Oktober 2016 / TaSUba Bagamoyo: 21. Januar 2017 / Dar es Salaam International Academy: 24. Januar 2017 / House of Culture, National Museum Dar es Salaam: 26. - 28. Januar 2017 / Sophiensæle Berlin: 2. & 3. April 2019

Presse

Zu den realpolitischen Folgen in Tansania im Februar 2017
Als sich dann nach den Aufführungen in Dar es Salaam das National Arts Council of Tanzania meldet, wird das Kunstprojekt mit Diskurseinladung zum Auslöser realpolitischer Entscheidungen: Die Produktion Maji Maji Flava habe eine Debatte im tansanischen Parlament entfacht, sagt man Lisa Stepf. Erstmalig werde diskutiert, ob Tansania Reparationszahlungen für die Verbrechen des Kolonialkriegs fordern und Deutschland um eine Anerkennung der Schuld bitten soll. Kurz darauf gibt Verteidigungsminister Hussein Mwinyi dann offiziell bekannt, dass er das Außenministerium gebeten habe, Verhandlungen mit der deutschen Bundesregierung aufzunehmen. »Maji Maji War in the spotlight«, titeln die Parliament News. Jürgen Zimmerer von der Universität Hamburg, der als Kolonialexperte und Afrika-Historiker derzeit von einer Diskussion zur nächsten jagt, ordnet die Entwicklung ein: »Das Stück kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Die Nachfahren der Herero in Namibia klagten kurz vorher. Die Produktion Maji Maji Flava hat dann in Dar es Salaam den lokalen Funken zum globalen Trend geschlagen.«

VAN Magazine

Der Tatsache, dass sich dieser Kontrast bis in die Gegenwart gehalten hat, trägt dieses beeindruckende Theaterprojekt dadurch Rechnung, dass es das Publikum am Ende des Stückes wieder vor die Wahl stellt. Mit kluger Analyse, beeindruckender schauspielerischer Leistung und ungeschminkter Darstellung der Vergangenheit regt das Stück auch noch am nächsten Tag zu Diskussionen über Kolonialismus, Kollektivschuld und Geschichtswahrnehmung an.

postmondän

Kritisch karikierte das Flinn Works- und Asedeva-Team auch unsere Exotismen. Denn die Theatercrew stellte unseren Glauben an die heilende Wirkung von Flüssigkeiten in der Homöopathie auf die Probe. Absolventen entsprechender Lehrgänge, die Wasser vermengt mit Mikromengen natürlicher Substanzen als Schutzschild gegen Krankheiten verordnen, haben bei uns regen Zulauf, obwohl wir uns nicht vor dem Kugelhagel aus Maschinengewehren hiesiger Rüstungskonzerne schützen müssen, sondern oft nur vor einem Schnupfen. So holte das Stück das Publikum im Alltag ab und spiegelte ihm hiesige Magie, Exotismen und unser koloniales Erbe. (...) Zu hoffen ist, dass auch die Verantwortlichen für die deutsche Außenpolitik diesen Stimmen folgen.

afrika süd

Auf zahlreiche Aspekte rund um die koloniale Vergangenheit, tiefverwurzelten Rassismus und Neokolonialismus wird in „Maji Maji Flava“ angespielt. Dieses geschieht jedoch weder belehrend, noch moralisierend. Das Stück überrascht, lässt reichlich Raum für eigene Gedanken und Assoziationen und spielt mit der Verunsicherung der Zuschauer. Dazu, dass die deutsch-tansanische Vergangenheit nicht in Vergessenheit gerät, hat diese bewegende Produktion einen wichtigen und wertvollen Beitrag geleistet. Viel schöner und ergiebiger kann ein Theaterabend kaum enden.

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