Songs Of The T-Shirt

Du trägst ein T-Shirt auf deiner nackten Haut. Es ist „Made in Bangladesh“. Seit das Rana Plaza Gebäude in Dhaka 2013 eingestürzt ist und über 1000 Textilarbeiter*innen starben, plagt dich ein diffus schlechtes Gewissen. 32 Paar Hände sind es, die dein T-Shirt anfassen, bis es fertig ist. Shilpi kann sich durch die Arbeit an der Nähmaschine bald ihre eigene Hochzeit finanzieren, hat aber vom Einatmen der Fusseln Tuberkulose. Obwohl Naila zur Aufseherin befördert wurde, hat sie gerade gekündigt. Ein Star-Ökonom sieht im hochwertigen Textil-Export die Zukunft für ein stolzes und selbständiges Bangladesch. Eine Fabrikbesitzerin versteht die Arbeit an der Nähmaschine als Quelle von Unabhängigkeit und Würde der Frauen.

Das Flinntheater hat in Dhaka T-Shirts genäht, Fussel eingeatmet, sich durch Streiks und Molotov-Cocktails navigiert – immer den Menschen auf der Spur, die unsere Kleider herstellen. Warum willst du lieber wieder 30 Dollar pro Monat statt 50 verdienen, Naila? Siehst du die nackte Frau auf dem T-Shirt, das du gerade nähst, Shilpi? Was bedeutet es für dich, in einer regelkonformen Fabrik zu arbeiten, Mumtaz?

Songs Of The T-Shirt ist eine theatrale Irrfahrt durch die globale Textilindustrie zwischen Emanzipation und Ausbeutung, Markt und Intimität, bengalischen Klageliedern und Upcycling-Mode. Interviews werden ein- und nachgespielt, Konsumoptionen durchgespielt und beständig die Kleidung gewechselt - immer der Frage folgend, ob es heute moralisch verwerflich oder erforderlich ist, ein T-Shirt „Made in Bangladesh“ zu kaufen.

Eine Produktion von Flinntheater

Von und mit Sonata, Lisa Stepf, Lea Whitcher (Recherche und Performance), Sophia Stepf (Regie), Andi Otto und Florian Hacke (Musik), Philippe Werhahn von Ting Ding (Kostüm), Marie Winnie Wilka (Regieassistenz), Susana Alonso (Technische Leitung), ehrliche arbeit – freies Kulturbüro (Produktionsleitung)

Gefördert von Mitteln des Regierenden Bürgermeisters von Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Fonds Darstellende Künste e.V., Hessisches Ministerium für Kunst und Wissenschaft, Kulturamt der Stadt Kassel, Gerhard-Fieseler-Stiftung

Die Recherchereise wurde gefördert vom Goethe-Institut Dhaka. Die Schulvorstellungen wurden gefördert von Well-Being-Stiftung und Kulturamt der Stadt Kassel.

Termine

Sophiensæle Berlin: 21. Mai (Premiere) - 23. Mai 2015 / Kulturhaus Dock 4 Kassel: 28. - 30. Mai 2015 / Schlachthaus Theater Bern: 21. - 24. Oktober 2015 / Theater Tuchlaube Aarau: 28. - 31. Oktober 2015 / Staatstheater Kassel: 4. - 6. November 2015 / Deutsches Hygiene Museum: 27. Februar 2016

Presse

So komplex das Dilemma, so intelligent die Inszenierung. Sie verhandelt das Thema nicht, ohne die Aufführungssituation und die Rolle der Beteiligten mitzudenken. Und doch verbreitet das Stück nicht nur Galgenhumor. «Songs of the T-Shirt» erzählt auch vom Einsturz der Rana-Plaza-Fabrik im Jahr 2013. Auch um die Kunst und ihre Selbstbezogenheit geht es hier. Dieses Theater aber weist über sich hinaus: Am Ende kann das Publikum T-Shirts eines jungen Berliner Labels erwerben. Genäht von Arbeiterinnen in Bangladesh, denen ihre Fabrik auch gehört.

Der Bund

Sie portraitieren ganz verschiedene Blicke und Perspektiven auf das Thema, und sobald man sich in einem davon etwas zurechtfindet kommt ein Bruch, und das nächste Bild. Es ist der grandiosen Regie (Sophia Stepf) und der schauspielerischen Leistung (Lisa Stepf, Lea Whitcher, Sonata), aber vor allem auch dieser augenscheinlich sehr langen Recherchearbeit zu verdanken, das das so gut funktioniert.

Der Freitag

Die kleine Produktion ist so gut gemacht, dass die spielerisch vorgestellten Fakten tatsächlich im Gedächtnis haften bleiben. Und es berührt zutiefst, wie unter den Trümmern des eingestürzten Rana Plaza Gebäudes begrabene Frauen sich Beine und Arme abschneiden oder abschneiden ließen, um frei zu kommen.

RBB online

Den Brecht im Hinterkopf, muss sich der Zuschauer fragen, wie er beim nächsten T-Shirt-Kauf vorgeht. Bei H&M gäbe es eine „Conscious-Collection“, aber wie viel reines Gewissen steckt wirklich dahinter? Soll man lieber beim Neuköllner Jungdesigner kaufen, im „Sweatshop in der Reuterstraße“? Oder: doch bewusst „Made in Bangladesh“ auswählen, weil mit Boykott niemandem geholfen ist? Oftmals, auch dies lehrt der Abend, greift unsere westliche Logik zu kurz.

nachtkritik.de

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