White Money

Das Projekt hat eine eigene Website mit mehr Informationen

White Money beherrscht den weltweiten Performing Arts Markt. White Money fließt als Kulturförderung von Europa in den Rest der Welt. Europäische Institutionen unterstützen damit die Arbeit von Kulturschaffenden in Ländern des Globalen Südens oder geben Werke in Auftrag, die in Europa präsentiert werden. Oft ist dieses weiße Geld ein Anreiz, Werke zu schaffen, die dem Geschmack der Geldgeber*innen und Kurator*innen entsprechen. White Money bestimmt, wie zeitgenössische Ästhetik aussieht. Dabei werden rassistische und (neo-)koloniale Strukturen fortgeschrieben, exotisierende Bilder von „anderen“ Körpern präsentiert und komplexe Inhalte für ein europäisches Publikum auf ihre konsumierbare Oberfläche reduziert. Wie alle transnational agierenden Kulturschaffenden ist die Kompanie Flinn Works Teil des Systems. Gemeinsam mit sechs internationalen Künstler*innen holt Flinn Works das Thema auf die Bühne. Aderemi Adegbite gründet das erste nigerianische Institut für Yoruba Kultur und eröffnet es feierlich in den Sophiensaelen. Abhishek Thapar entfremdet das Publikum von ihren Banknoten und führt es auf eine intime und spekulative Reise durch ihre Konten, Köpfe und Herzen. Rehema Chachage schreddert zurückgewiesene Förderanträge und ermöglicht ihnen eine poetische Transformation. Die Theaterperformance von Anuja Ghoshalkar erzählt von der ständigen Verhandlung zwischen Kunst schaffen, Kunst verkaufen und finanziellem Überleben in Indien. Azade Shahmiri spürt in ihrer Lecture-Performance Konstruktionen des „Westens“ in iranischen Theaterstücken nach und reflektiert ihre eigene Position als iranische Künstlerin in der westlichen Kunstform Theater. Nora Amin befreit den sogenannten "Bauchtanz" vom exotisierenden, voyeuristischen Blick und transformiert ihn zu einem Tanz der Befreiung jenseits weißer Ökonomien.

Das Projekt White Money ist auch ein Versuch, die Grenzen der Förderstrukturen auszudehnen und zu befragen. Die Künstler*innen bestimmen selbst über die Aufteilung und Verwendung der Projektgelder und über die Rolle von Flinn Works als Produzent. Denn auch dieses Projekt ist mit weißem Geld finanziert.

Eine Flinn Works Produktion

Von und mit Aderemi Adegbite (Künstler, Lagos), Nora Amin (Künstlerin, Kairo/Berlin), Rehema Chachage (Künstlerin, Dar es Salam/Wien), Anuja Ghosalkar (Künstlerin, Bangalore), Konradin Kunze (Kuration und Video Dokumenatation, Berlin), Abhishek Thapar (Künstler, Amsterdam/Moga), Azade Shahmiri (Künstlerin, Teheran), Sophia Stepf (Kuration, Berlin), Elisabeth Mascha, Johanna Weisheit (Assistenz), Timo Block (Technische Leitung), Shaheen Dill-Riaz (Videodokumentation), Grischa Schwiegk/Drittmittelproduktionen (Produktionsleitung)

Gefördert von Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa

In Kooperation mit Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim

Künstler*innen

Aderemi Adegbite (Kurator, Fotograf, Lagos/Nigeria) ist Executive Director des Vernacular Art-Space Laboratory in Lagos. Er erfand und kuratierte ein monatliches Literatur- und Kunstprojekt, Poetry Potter, das er 2006 und 2010 leitete. Mit dem Centre for Contemporary Art Lagos (CCA Lagos) initiierte und kuratierte er P.A.G.E.S – ein weiteres Projekt, das visuelle Kunst und Literatur zusammenbringt. Aderemi reiste in den Jahren 2012 und 2013 mit der Ausstellung Africa: See You, See Me – als Assistent des Kurators Professor Awam Amkpa durch viele afrikanische Länder. Seit 2016 ist er der künstlerische Leiter des Iwaya Community Art Festival (I C A F Lagos). Aderemi arbeitet für das Goethe-Institut Nigeria als Scout für die Kunstszene in Lagos und ist auch als Fotograf tätig.

Nora Amin (Autorin, Regisseurin, Wissenschaftlerin, Performerin, Choreografin, Kairo/Ägypten und Berlin/Deutschland). Ihre Arbeit ist angesiedelt zwischen Literatur, Theater/Tanz, Feminismus und getragen von gesellschaftspolitischem Aktivismus, der gegen Traditionen von Patriarchat, Autorität, Kolonialität, Sexismus und Rassismus rebelliert. Sie verfasste mehrere Romane und Essays. 2000 gründete sie in Kairo die Theatergruppe LaMusica und 2011 das ägyptische Projekt für ein Theater der Unterdrückten. Bevor sie 2015 nach Berlin zog, leitete und produzierte sie 40 Theater-, Tanz- und Musikproduktionen. Sie war Fellow am Internationalen Forschungszentrum für Interweaving Performance Cultures der FU Berlin, wo sie auch die S. Fischer Gastprofessur für Literatur (2004/05) und die Valeska-Gert-Gastprofessur (2018) übernahm. 2018 erschien ihr Essay Weiblichkeit im Aufbruch über die Überschreitungen weiblicher Körperlichkeit im öffentlichen Raum. 2020 erscheint Tanz der Verfolgten über die Geschichte des ägyptischen Baladi-Tanzes aus feministischer Perspektive.

Rehema Chachage (Künstlerin, Dar es Salaam/Tansania und Wien/Österreich) ist visuelle Künstlerin deren Arbeit als performatives Archivieren bezeichnet werden kann. Sie sammelt und transformiert Geschichten, Rituale und mündliche Überlieferungen mithilfe unterschiedlicher Medien (Performance, Fotografie, Video, Text und physische Installationen). Ihre Spurensuche konzentriert sich besonders auf Geschichte(n) von Frauen in der Swahili Region. Sie hat einen BA in Bildender Kunst (2009) von der Michaelis School of Fine Art, University of Cape Town und einen MA in zeitgenössischer Kunsttheorie (2018) von der Goldsmiths University of London. Zur Zeit arbeitet sie an ihrem PhD in Practice an der Akademie der Bildenden Künste Wien. Ihre Arbeiten werden in Afrika, Europa, Asien und Südamerika gezeigt.

Anuja Ghosalkar (Theatermacherin, Kuratorin, Bangalore/Indien) ist Gründerin von Drama Queen, einer Dokumentartheatergruppe in Indien. Ihre Praxis konzentriert sich auf persönliche Geschichten, archivarische Leerstellen und die Überwindung von Hierarchien zwischen Publikum und Performenden. Ihre Arbeit wurde von der University of Oxford, der Jawaharlal Nehru University, dem Forum Transregionale ZMO und der Universität Frankfurt am Main programmiert. Sie kuratierte eine internationale Workshop-Reihe zum Thema Dokumentartheater zusammen mit Gob Squad, Boris Nikitin und Rimini Protokoll. Beim Serendipity Arts Festival 2020 war sie Ko-Kuratorin für VR-Performances.

Azade Shahmiri (Regisseurin, Autorin und Performerin, Teheran/Iran) hat einen BA und MA in Theater von der Universität Teheran. Ihr Buch Postcolonial Theory and Criticism wurde 2010 publiziert. Sie arbeitet an Soloperformances (international) und Gruppenprojekten (national). Ihre Solo-Peformances Damascus und Voicelessness wurden u.a. beim Zürcher Theaterspektakel und Kunstenfestival DesArts gezeigt. Azade war Artist in residence bei Theaterformen Hannover 2011, in der Jury des Theaterspektakels 2012 und beim Asian Arts Festival in Süd Korea. Ihre neueste Arbeit 'Quasi' hatte bei den Wiener Festwochen 2021 Premiere.

Abhishek Thapar (Regisseur und Performer, Moga/Indien und Amsterdam/Niederlande) studierte erst Wirtschaft und entschied sich danach, seine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Er hat ein Diplom in Physical Theatre von der London International School of Performing Arts und einen Master in Theatre von DAS Arts, Amsterdam. Seine Performance My home at the Intersection wurde zum Zürcher Theaterspektakel und Spielart München eingeladen, sein neues Stück A cow is a cow is a cow wurde bei den Ruhrfestspielen und dem auawirleben Theaterfestival Bern gezeigt, im Sommer 2021 war er Artist-in-Residence auf Kampnagel. Seit einigen Jahren entwickelt er eine künstlerische Praxis basierend auf postkolonialen Epistemologien, historischer Metafiktion und Story Telling.

Programm Download

Termine

Sophiensæle Berlin: 17. (Premiere) - 20. November 2021