Kosa La Vita – Kriegsverbrechen

Haben zwei Ruander von Deutschland aus per SMS und E-Mail einen grausamen Krieg im Ostkongo befehligt? Sind sie verantwortlich für Massaker und Vergewaltigungen, die dort von einer Miliz begangen wurden? Versteckte sich hinter der Fassade des gläubigen Familienvaters ein „Warlord“ in Baden-Württemberg? Vier Jahre lang wurden diese Fragen in einem zermürbenden Prozess vor Gericht in Stuttgart verhandelt. Dolmetscher*innen stritten mit den Angeklagten über Übersetzungsdetails, desertierte Kämpfer wurden eingeflogen, anonyme Opferzeug*innen wurden per Livevideo befragt – ein Präzedenzfall, der selbst die Richter*innen an ihrer Aufgabe zweifeln ließ. Ist es legitim, dass sie über Kriegsverbrechen im Ostkongo urteilen? Lässt sich die Wahrheit über einen 6000 Kilometer entfernten Konflikt von einem deutschen Gerichtssaal aus ergründen? Ist den Opfern damit geholfen? Kosa La Vita – Kriegsverbrechen untersucht die Grenzen der globalen Rechtsprechung mit den Mitteln des dokumentarischen Musiktheaters. Mit Streichinstrumenten und Gerichtsdokumenten erzeugen fünf Performer*innen ein fragmentarisches Echo der Beweisaufnahme: Den Lärm der Zerstörung, stotternde Funksprüche, Paragrafengesänge und die Stille der Opfer.

Eine Produktion von Flinn Works und Quartett PLUS 1

Ein Projekt von Konradin Kunze, Simon Zigah (Performance), Katharina Pfänder (Violine), Lisa Stepf (Violoncello), Kathrina Hülsmann (Viola), Sophia Stepf (Regie), Matthias Schubert (Komposition), Tatjana Kautsch (Kostüm), Annekatrin Utke (Assistenz), Gijs Wisse (Technik), Helena Tsiflidis (Produktionsleitung)

Gefördert durch Senatsverwaltung für Kultur und Europa des Landes Berlin, Stiftung Niedersachsen, Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur, Niedersächsische Sparkassenstiftung, Sparkasse Goslar Peine Hildesheim, Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Kulturamt der Stadt Kassel, Bürgerstiftung Hildesheim, Friedrich Weinhagen Stiftung und Gerhard-Fieseler-Stiftung

Das Projekt wurde ermöglicht durch flausen – young artists in residence, ein Stipendien-Modellprojekt vom theater wrede+

In Koproduktion mit Sophiensæle Berlin und Theater Bremen

Termine

Sophiensæle Berlin: 24. (Premiere) & 25. September 2018 / Theater Bremen: 20. & 21. Oktober 2018 / Staatstheater Kassel: 23. & 24. Oktober 2018 / Theaterhaus Hildesheim: 29. Oktober 2018 / Eisfabrik Hannover: 27. & 28. Juni 2019

Presse

So gelingt, was man kaum für machbar hält: die Vertonung von Massakern. Musikerinnen und Performer (...) lassen Klang auf Wort prallen. Die Worte verbinden sich mit den zerstörten Geigen im Zentrum der Bühne. Und von Ihnen wandert der Blick zurück zu den intakten Instrumenten der Musiker. Es entsteht ein gewaltiger Assoziationsraum.

theater der Zeit, 11/2018

Das komplexe Thema wurde von den Künstlern in einem mehrjährigen Arbeitsprozess in die Form eines performativ angereicherten Konzerts überführt. Komponist Matthias Schubert fand beeindruckende Lösungen für ein zunächst unmöglich scheinendes Vorhaben. Herausragend die Idee der Übertragung eines Funkspruchs: Saiten und Bögen der Streichinstrumente werden zu Signalgebern – es wird gemorst. Dazu Stimmen, gehaucht, geflüstert, angeraut, die Buchstaben für Buchstaben, eine Ewigkeit dauern, den Befehl überbringen, für eine "humanitäre Katastrophe" zu sorgen.

taz, die tageszeitung

Auch indem Kosa La Vita in einem Exkurs dem deutschen Terror in Ruanda eine Stimme, nämlich die von Hermann von Wissmann gibt, verweigert es sich leichtfertiger Positionierungen. Stattdessen arbeiten die Künstler*innen zur herausfordernden Musik des Komponisten Matthias Schubert akribisch die Schwierigkeiten des Verfahrens heraus. Erinnert fühlen mag man sich da an Der Internationale Strafgerichtshof, das Gintersdorfer/Klaßen vor rund sechs Jahren am Theater Bremen vorstellten. Allerdings ist Kosa La Vita formal stringenter und in seiner Unerbittlichkeit eindrücklicher geraten. Bedauerlich, dass dieses wichtige Stück nur zweimal am Wochenende in Bremen zu sehen war.

Kreiszeitung